Aus der Geschichte des Dorfes Geistingen
nach L. Elberskirch †, Hennef-Geistingen
aus dem Festbuch „100 Jahre M.G.V. 1874 Geistingen e.V., Hennef 1974
abgeschrieben und aufgearbeitet von Thomas Kirstges, MGV Geistingen, Hennef 2001
„Geistingen ist ein sehr alter Ort“ – “ Es muss früher eine große Bedeutung gehabt haben“
Solche Vorstellungen sind allgemein verbreitet und besonders im Bewusstsein der Geistinger selbst lebendig, denen ein gewisser Lokalstolz nachgesagt wird. Auch von Leuten, die sich mit der Geschichte unseres Heimatgebietes näher befasst haben, kann man hören: „das früher sehr bedeutsame Geistingen“ oder „das uralte Geistingen“. Was ist an all dem dran?
Sehr deutlich wurden wir – bis zu ihrer Zerstörung im 2. Weltkrieg – durch den mächtigen Bau der alten, romanischen Kirche aus dem 12. Jahrhundert auf die frühere zentrale Bedeutung Geistingens als Kirchort hingewiesen, und jetzt noch kann der, wer sich die Mühe macht die alten Steinkreuze auf dem Friedhof anzusehen, feststellen, dass Leute aus Orten wie Blankenbach, Lanzenbach und Stöcken, aus Kaldauen und Oberauel, in früheren Jahrhunderten hier beerdigt wurden. In der Tat umfasste die Pfarre Geistingen bis ins 19. Jahrhundert hinein noch die jetzigen Pfarreien bzw. Seelsorgbezirke Rott und Westerhausen, und auf der anderen Seite der Sieg Kaldauen, Braschoß, Seligenthal und Bödingen. Zu Anfang dieses Jahrhunderts wurde noch der größere Teil der jetzigen Pfarre Warth von Geistingen losgetrennt. Im Süden gehörten noch zur Pfarre Hermesmühle, Kurscheid und einige Häuser von Uthweiler, jenseits der Sieg, wo sich die Pfarrgrenze teilweise an die Zeithstraße anlehnte, der Mühlenhof bei Siegburg, Braschoß, Heide, Schreck und im Nordosten Ober- und Niederhalberg.
Jahrhunderte lang sind so die festen Pfarrgrenzen bis ins 19. Jahrhundert verlaufen; jenseits der Sieg konnten sie nur deshalb so lange gehalten werden, weil seit dem 13. bzw. 14. Jahrhundert die Klöster Seligenthal und Bödingen die Hauptlast der Seelsorge übernahmen und ihre Kirchen der Öffentlichkeit zughängig machten. (Einzelheiten über die kirchlichen Verhältnisse – aber natürlich auch über vieles andere – können den alten „Pfarrbriefen von St. Michael, Hennef Geistingen“ entnommen werden) Es kann kein Zweifel sein, dass auch Happerschoß mit Heisterschoß zur Pfarre Geistingen gehörte, bevor es im 11. Jahrhundert von Erzbischof Anno eine Kirche bekam. Geographisch wirkt es wie ein Kuchenstück, das aus der sonst wohlgerundeten alten Pfarre Geistingen herausgeschnitten war. Bis ins 19. Jahrhundert hinein hatte es noch jährlich an die alte Pfarre ein Malter Hafer abzuliefern, das zum Kauf eines Glockenseils verwandt werden musste.
Damit stimmte die alte Pfarre Geistingen in der Fläche und in den Grenzen mit den früheren Bürgermeistereien Hennef und Lauthausen, ohne die Gemeinde Blankenberg, überein. Aber es gab eine Ausnahme:
Hennef selbst war, soweit feststellbar, und das ist bis ins 11. Jahrhundert, selbstständiger Pfarrbezirk, ein Kuriosum, wenn man die geringe Entfernung zwischen Hennefer und Geistinger Kirche bedenkt. Das Pfarrgebiet von Hennef schloss nur die Weingartsgasse, Schloss Allner ohne das Dorf, zeitweise einen Teil von Bröl, sowie Weldergoven, Niederkümpel, ein Haus von Wippenhohn und den Steimelshof (!) in seine Grenzen ein. Was sich die Kümpeler, Wippenhohner und die vom Steimelshof gedacht haben, wenn sie auf ihrem Kirchweg nach Hennef den Weg der der Geistinger Kirche zustrebenden Warther und Lanzenbacher kreuzten, wissen wir nicht. Aus den Sterberegistern der Hennefer Kirche des 18. Jahrhunderts (weiter gehen sie leider nicht zurück), ist aber zu ersehen, dass sich viele von ihnen in Geistingen beerdigen ließen. Man kann wohl daraus schließen, das sie zu Lebzeiten die Geistinger Kirche besucht haben und sich ihr zugehörig fühlten. Außerdem gab es einen Wippenhohner Kirchweg nach Geistingen, den auch die Kümpeler benutzten. Er verlief querfeldein oberhalb des Steimelshofes und führte ins Sövener Tal; das kurze Wegestück vor den beiden Häusern Morell, wo auch der Bach überschritten wurde, ist der letzte Rest davon.